Das älteste Haus in Paris – und der Zauber vom ewigen Leben

Veröffentlicht am 30. März 2023 um 20:17
Der Alchemist bei der Arbeit

Mit der Fertigstellung 1407 gilt das Maison Nicolas Flamel als das älteste Haus in Paris. Es befindet sich in der Rue de Montmorency 51 im 3. Pariser Arrondissement im Viertel Le Marais und gehörte dem wohlhabenden Pariser Nicolas Flamel. Diese mittelalterliche Residenz geht auf das Jahr 1397 zurück, als der Bau nach dem Tod von Nicolas Flamels Frau Pernelle begann. Es wurde 1407 fertiggestellt.

 

Das Gebäude wurde ursprünglich gebaut, um im Erdgeschoss ein Geschäft unterzubringen und um in den oberen Stockwerken die Armen zu beherbergen, unter der Bedingung, dass sie Morgen- und Abendgebete zu Ehren des Flamel-Paares sprechen. 

Seit 1911 steht die Fassade des Hauses offiziell unter Denkmalschutz. 

Heute befindet sich in diesem beeindruckenden alten Haus aus dem Mittelalter ein französisches Restaurant.

 

Harry Potter und der Stein der Weisen machte uns mit vielen erstaunlichen Zauberern bekannt - und mit einem echten Alchemisten, um den sich ebenso viele Mythen ranken wie um die bekanntesten fiktiven Hexen und Zauberer.

 

In Harry Potter und der Stein der Weisen ist Nicolas Flamel der einzige bekannte Hersteller des Steins der Weisen, eines Gegenstands, der Metall in Gold verwandeln und mit seinem Lebenselixier Unsterblichkeit schenken kann. Mit seinen 665 Jahren nutzen Nicolas und seine 658 Jahre alte Frau Perenelle zwar das Elixier, aber nach mehr als sechs Jahrhunderten in der Welt der Zauberer ziehen sie ein ruhiges Leben vor.

 

Der echte Nicolas Flamel - denn er war eine reale Person - wurde wahrscheinlich 1330 in Pontoise in der Nähe von Paris geboren. Damit wäre er zur Zeit des Steins der Weisen tatsächlich um 665 Jahre alt gewesen, wenn er wirklich Zugang zum Lebenselixier gehabt hätte – und einige Leute sind sich bis heute sicher, dass Flamel genau dieses Gebräu besessen hat.

 

Aber wie konnte ein wenig bekannter Buchhändler aus dem Frankreich des 15. Jahrhunderts so sehr zum Synonym für Alchemie werden, dass er in der Welt der Zauberer auftauchte?

 

Es heißt, dass der Flamel der Zaubererwelt seine Frau Perenelle in Beauxbatons kennengelernt hat. Wir wissen zwar nicht, wo sie sich kennengelernt haben, aber die echte Frau von Flamel hieß Perenelle. Sie war bereits zweimal verwitwet und brachte das Vermögen ihrer beiden vorherigen Ehemänner mit in die Ehe mit Nicolas.

 

Nach ihrer Heirat arbeitete Flamel weiterhin als Buchhändler. Das Paar war relativ wohlhabend - es besaß mehrere Grundstücke und spendete Geld an die französische katholische Kirche. Ihr Reichtum und ihre Philanthropie sind Teil der Legende, die sich um Flamels posthumen Ruf als Alchemist rankt. Bekannt ist auch, dass Nicolas mit seltenen Manuskripten handelte, die zu damaligen Zeit extrem wertvoll waren. Außerdem handelte er mit Immobilien, wobei er gerade in diesem Geschäftsbereich angeblich ein goldenes Händchen gehabt haben soll.

 

Aufzeichnungen zeigen, dass Flamel im Jahr 1418 starb. Er wurde in Paris unter einem von ihm selbst entworfenen Grabstein begraben, und sein Testament - datiert auf das Jahr 1416 - hinterließ offenbar den Großteil seiner Bibliothek einem Neffen, Perrier, über den sonst wenig bekannt ist.

 

An dieser Stelle beginnen die historischen Fakten über Flamel mit den Geschichten, Sagen und Legenden zu verschmelzen. Denn einige Leute glauben nicht, dass er überhaupt gestorben ist. Es gibt Berichte, dass er und Perenelle ihren Tod vorgetäuscht haben und über Istanbul nach Indien geflohen sind, und dass ihre Unsterblichkeit nur seinem angeblichen alchemistischen Genie zu verdanken ist. Der Hintergrund hierbei ist, dass Flamel offensichtlich derart vermögend war, dass dies für damalige Zeiten kaum vorstellbar war. Er war also im Prinzip so eine Art Elon Musk oder Bill Gates, mit einem unvorstellbaren Vermögen. So kamen die ersten Gerüchte auf, Nicolas sei fähig gewesen, auf alchemistischem Wege Gold herzustellen. 

 

Flamels Interesse an der Alchemie begann offenbar mit einem Buch. Es heißt, dass ein Fremder eines Tages mit einem seltenen Manuskript zu ihm kam. Flamel erkannte es, weil er nicht lange zuvor von einem Engel geträumt hatte. Der Engel war mit einem Buch in der Hand erschienen und hatte ihm gesagt: "Eines Tages wirst du darin sehen, was kein anderer Mensch zu sehen vermag...".

 

Das Buch

Das Buch wurde von einem Mann namens Abraham, dem Juden, geschrieben. Es war in Griechisch und anderen Sprachen verfasst, die Flamel nicht verstand, darunter auch Hebräisch. Außerdem war es voll von beeindruckenden Symbolen, die Flamel als Anleitungen zur Alchemie erkannte.

 

Angeblich verbrachte Flamel 21 Jahre damit, sie zu entziffern. Als Nicolas in Paris keine Antworten mehr finden konnte, machte er sich auf den Weg nach Spanien, um einen jüdischen Gelehrten zu finden, und stieß auf Maestro Canches, einen gelehrten jüdischen Mann, der in Leon lebte. Canches erkannte Abraham den Juden als einen der frühesten Meister der jüdischen mystischen Tradition der Kabbala an und übersetzte die wenigen Seiten, die Flamel bei sich hatte, bevor er sich bereit erklärte, zurück nach Frankreich zu reisen und den Rest zu übersetzen. Leider erkrankte er auf der Reise und starb, bevor sie Paris erreichten.

 

Zum Glück für Flamel hatte Canches ihn genug gelehrt. In den folgenden drei Jahren übersetzte er das gesamte Buch und lernte dabei die Geheimnisse der Hermetik kennen - einer esoterischen Tradition, die auf den göttlichen Schriften des Hermes Trismegistos basiert. 1382 schrieb Flamel in sein Tagebuch, dass er das Geheimnis gefunden hatte, um Blei in Gold zu verwandeln.

 

Die Legende

Diejenigen, die glauben, dass Flamel das Buch des Juden Abraham benutzte, um einen Stein der Weisen zu erschaffen, verweisen auf die Tatsache, dass Flamel daraufhin reich wurde. Offenbar wurde Karl VI. durch seinen unglaublichen Reichtum und seine Großzügigkeit auf ihn aufmerksam und ordnete eine Untersuchung über Flamel an, die jedoch nichts von Interesse ergab.

 

Andere sagen, dass es keine Anzeichen dafür gibt, dass Flamel überhaupt etwas mit Alchemie zu tun hatte, und dass die Geschichten über das geheimnisvolle Buch genau das sind: Geschichten. Einige glauben, dass die Figur des Flamel von Verlegern im 17. Jahrhundert erfunden wurde, um viele angeblich alte alchemistische Bücher zu verkaufen.

 

Posthumer Ruf

Flamels Ruf wurde durch eine Reihe von Büchern genährt, die ihm lange nach seinem Tod zugeschrieben wurden. Eines davon war Le Livre des Figures Hiéroglyphiques oder Das Buch der Hieroglyphenfiguren, das 1612 in Paris veröffentlicht wurde. Mitte des 17. Jahrhunderts war Flamel zur Legende geworden, und es gab Berichte über Sichtungen und bekannte historische Persönlichkeiten wie Isaac Newton, die sich auf seine alchemistischen Fähigkeiten beriefen.

 

Im 19. Jahrhundert lebte das Interesse wieder auf. Flamel wird in Victor Hugos Der Glöckner von Notre Dame erwähnt, der Komponist Erik Satie soll von ihm fasziniert gewesen sein, und der Freimaurer Albert Pike erwähnt ihn in seinem Buch Moral und Dogma, einer philosophischen Begründung der Freimaurerei. Ob sie glaubten, dass er noch lebte oder nicht, ist eine andere Frage, aber alle diese gelehrten Persönlichkeiten identifizierten Flamel als Alchemisten.

 

In jüngerer Zeit wurde Flamel nicht nur in Harry Potter und der Stein der Weisen erwähnt, sondern auch in fiktionalen Werken wie Umberto Ecos Foucaultsches Pendel (1988) und Dan Browns The Da Vinci Code (2003).

 

Auch wenn der echte Flamel vielleicht kein echter Alchemist war, auch ohne das Lebenselixier, hat ihn sein legendärer Ruf unsterblich gemacht.

Alchemist in seinem Labor bei der Arbeit